Meinungsfreiheit ist ein Grundgesetz. Das Recht, seine Meinung öffentlich zu äußern, ohne Angst zu haben bestraft zu werden oder vom Staat beeinflusst zu werden, wurde hart erkämpft und ist seit 1949 eine Selbstverständlichkeit unseres Alltags.

Mir ist allerdings in letzter Zeit bewusst geworden, wie schwierig es ist, auch besonders als Christin gut und richtig mit diesem Recht umzugehen. In meinem Alltag bin ich damit oft herausgefordert, beispielsweise gehe ich auf eine christliche Schule und muss mir in manchen Andachten die ein oder andere sehr kontroverse, konservative Einstellung anhören und dabei meiner nichtchristlichen Freundin entschuldigende, peinlich berührte Blicke zuwerfen.

Ich glaube, dass wir als Gesellschaft, als Generation und als Gemeinden leider total weit davon weg sind, wie Gott sich Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit vorstellt.

Wir sind oft darauf fokussiert Recht zuhaben oder unsere besonders frommen Erkenntnis zum Besten zu geben, dass wir die Gefühle unseres Gegenübers aus dem Blick verlieren und Vielfältigkeit unterdrücken. Wir wollen unsere Ansichten verkaufen und hören anderen nicht mehr zu. Wir fühlen uns nicht mehr wohl mit Leuten in einem Raum zu sein, die nicht derselben Meinung sind wie wir.

Wir haben als Christen so wichtige Werte und die beste Botschaft überhaupt und deshalb liegt es mir so am Herzen, dass wir’s uns gerade jetzt weder erlauben können, stumm und unbeteiligt zu sein noch unsere Meinung und Einstellungen versuchen durchzuboxen und schlecht oder verletzend zu kommunizieren.

Wenn ich gerade wieder dabei bin, andere wegen ihrer Meinung zu verurteilen, hilft es mir tatsächlich, mich daran zu erinnern, warum derjenige denkt, was er denkt. Meist ist unsere Meinung nämlich eng mit unserer Prägung, unserem Umfeld, unserer Erfahrungen oder auch unseren Charakterzügen verknüpft. 

Man kann nicht von jemandem verlangen, seine gesamte Denkweise über Bord zu werfen, aber das vergessen wir in hitzigen Diskussionen gerne. Jemanden von etwas zu überzeugen ist keine drei Minuten Debatte, einfach, weil gewisse Denkmuster schon über Jahre hinweg zu dieser Ansicht geführt haben. Gerade unter Christen fragt man sich deshalb manchmal, ob man überhaupt die gleiche Bibel wie der andere liest.

Voll wichtig ist außerdem noch die Frage, wo Meinungsfreiheit seine Grenzen hat bzw. haben sollte. Wie unterscheidet man zwischen Irrlehre, geistlichen Ohrfeigen, Beleidigungen, Auslegung oder Ansichtssache? Das Thema ist so umfangreich, dass man dem in einem Beitrag gar nicht gerecht werden kann. Und doch so präsent, dass es zumindest eine Erwähnung in Form dieser Frage verdient hat. 

Spannend wird es dann im Himmel, wenn Jesus uns alle Fragen, Streitigkeiten und Unklarheiten der Bibel erklärt und die einen dann triumphierend jubeln und Highfives verteilen, weil sie Recht hatten und die anderen beleidigt die Arme verschränken. Oder, und das halte ich für wahrscheinlicher, es uns dann mittlerweile egal ist, weil wir gecheckt haben, worauf es wirklich ankommt, nämlich Gott die Ehre zugeben und 24/7 zu worshippen.

Allerdings befinden wir uns gerade noch auf dem Planeten Erde und Gott hat uns als wunderbare, unterschiedliche Menschen erschaffen, die es nicht immer so ganz auf die Reihe kriegen.

Das wusste Gott natürlich und ich finde, er hat uns so viele wertvolle Prinzipien und Tipps durch die Bibel gegeben.

Deshalb hier drei Tipps zum Schluss für einen gesunden und erfüllenden Umgang mit Meinungsfreiheit und Meinungsäußerungen

Tipp 1:

 „Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern einen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“

Die Bibel – 2. Timotheus 1,7 

Das ist so ein HAMMER Vers! Ich liebe den einfach, weil da so viel drinsteckt und der so anwendbar ist! Dieser Bibelvers ist ein Prinzip, das ich in meinem Herzen verankern will. Ein Lifestyle, den ich leben will. Im ersten Teil des Verses geht es darum, dass wir keinen Geist der Furcht oder Angst haben und das kann man auch gut auf das Thema Meinungsfreiheit und Äußerungen übertragen. Du sollst keine Angst haben zu sagen was du denkst oder wie du die Bibel verstehst. Du kannst einen positiven Einfluss auf dein Umfeld nehmen und eine Rolle in der Gesellschaft spielen. Ich glaube, wir Christen sind sogar dazu berufen, denn wir sind das Salz und das Licht der Erde (Matthäus 5, 13-16). Dann geht es weiter im Vers Gott verspricht uns einen Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit. 

Mir hat das Wort Besonnenheit nie wirklich etwas gesagt, es klang halt ziemlich fromm, aber dann hab ich mir die Bedeutung näher angeschaut und ich war echt erstaunt über das, was Gott uns hier verspricht! Besonnenheit bedeutet auch Gelassenheit in schwierigen Situationen, Zurückhaltung, Umsicht, Geistesgegenwart, Ruhe, Diplomatie, Vernunft, Rücksichtnahme, Selbstbeherrschung… krass, oder?! Genau die Eigenschaften, die mir so oft fehlen oder wo ich meistens versage… Das ist so ein Geschenk von Gott!
Also nimm dir doch diesen Vers als Prinzip mit.

Tipp 2:

Stell dir eine Liste mit Themen zusagen, über die du dich informieren willst und erweitere so deinen Horizont und deine Perspektive. Lies Bücher über diese Themen, höre dir Predigten an, schaue Videos. Ich hab mir so eine Liste erstellt, die Themen gehen von Feminismus über zu Heiliger Geist zu Schulsystem und es kommen immer mehr dazu. Eine Erfahrung hab ich mit dieser Liste gemacht, die mich begeistert und genau das ist, was ich an Meinungsvielfalt so schätze. An einem Abend gingen uns als Smallgroup von meiner Jugend nämlich so langsam die Themen aus und das Gespräch plätscherte nur noch so vor sich hin, also hab ich dann spontan meine Themenliste rausgeholt und die anderen gefragt, was sie über diese Themen denken. Daraus entstand dann ein  intensives, vierstündiges Gespräch, was trotz grundverschiedener Meinungen total guttat und meinen Horizont erweitert hat (Sidenote: in meiner Smallgroup liegt unser Altersdurchschnitt bei 16 Jahren, vielleicht ist das bei erwachsenen ja Tagesordnung, für uns war das neu…).

Tipp 3:

Bei welchem Thema ist deine Einstellung festgefahren? Wo ist dein Herz hart geworden? Bei welchem Thema kannst du Menschen nicht mehr offen und freundlich begegnen?
Jeder hat so ein Thema, vielleicht hat das mit deinen Erfahrungen zu tun oder du wurdest verletzt.
Gott kann Herzen neu und weich machen und Denkmuster verändern (schau dir mal die Geschichte von Saulus/Paulus an)
Bete für Offenheit, für Veränderung, für Freiheit, für neue Perspektive, für den Geist der Liebe, Kraft und Besonnenheit. Gott will dich auch in diesem Bereich segnen und beschenken.


Lilli Stauss
…die der Meinung ist,
dass die der-, die-, das- Nutella Diskussion
schon ein starker Anfang ist!